Waldrich leidet unter Umsatzrückgang. Deshalb sieht das Management zum Personalabbau keine Alternative. Betroffene können in eine Transfergesellschaft wechseln.

Coburg – Die seit Jahren anhaltende schlechte Konjunktur im Großwerkzeugmaschinenbau und damit einhergehende rückläufige Umsätze zwingen die Verantwortlichen zum Handeln: Das Coburger Traditionsunternehmen Waldrich trennt sich von 180 der 680 Mitarbeiter. „Wir bedauern das sehr, aber die Welt ist halt nicht mehr so wie sie mal war“, sagte Hubert Becker, Vorsitzender der Geschäftsführung, am Montag. Zugleich werde Waldrich die eingeleitete Restrukturierung forcieren, um mit „strafferen und effizienteren Strukturen in einem schwierigen Marktumfeld wieder erfolgreich zu sein.“

Bereits Ende Januar hatte der Coburger Maschinenbauer einen massiven Stellenabbau angekündigt. Damals war von 240 Entlassungen die Rede. „Durch die Nichtübernahme von Azubis, auslaufende Zeitverträge und Fluktuation konnte die Zahl auf 180 gesenkt werden“, erläuterte Finanzvorstand Uwe Herold. Seinen Angaben zufolge erfolgen die Entlassungen, die alle Bereiche betreffen, in drei Stufen zum 16. Mai, 1. Juli und 1. Oktober.

„Den Betroffenen sagen wir unsere intensive Unterstützung zu, damit sie schnell wieder einen neuen Arbeitsplatz finden“, bedauerte Becker den personellen Aderlass. Damit dies gelingt, gründet Waldrich eine Transfergesellschaft (siehe Infobox) mit der connect in Neustadt, die am 16. Mai ihre Arbeit aufnimmt. Bis zum kommenden Freitag müssen sich die gekündigten Beschäftigten entscheiden, ob sie die Option wahrnehmen, mit der zumindest für maximal zwölf Monate eine finanzielle Absicherung einhergeht. „Wir haben den Betrag auf 80 Prozent des Nettolohns aufgestockt“, informierte Personalleiter Tilmann Meyer.

Waldrich hatte in den zurückliegenden Jahren alles versucht, durch die Verstärkung des Servicegeschäfts und die Einführung neuer Produkte wie beispielsweise der ersten Serienmaschine „Taurus“ einen Jahresumsatz von 110 Millionen Euro zu erreichen. Doch ständige Verschlechterungen der geopolitischen Rahmenbedingungen wie das Russland-Embargo machten dem Unternehmen, das drei Viertel seiner Maschinen ins Ausland exportiert, einen kräftigen Strich durch die Rechnung. Die jährliche Betriebsleistung lag zuletzt zwischen 75 und 80 Millionen Euro.

In den vergangenen zwei Jahren waren die Waldrich-Beschäftigten bereits bereit, zur Sicherung ihrer Jobs finanzielle Abstriche zu machen. Dies könne aber keine dauerhafte Lösung sein, stellte Hubert Becker fest. „Wir passen jetzt die Mitarbeiterzahl unseren Umsatzzahlen an. Wenn wir erfolgreich sein wollen, müssen wir hierfür eine höhere Flexibilität erreichen, um dynamischer auf die Markterfordernisse und Kundenanforderungen reagieren zu können“, sagte er. Dabei gehe es auch um die Frage, welchen Teil der Wertschöpfungskette Waldrich künftig noch mit eigenen Ressourcen mache, verwies Becker auf ein Restrukturierungsprogramm zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Die Optimierungen sollen aber nicht zulasten der Qualität gehen. „An den Werten, für die Waldrich steht, wird nicht gerüttelt“, machte Becker deutlich.

Angesichts des Fachkräftemangels hofft das Waldrich-Management, dass viele der ehemaligen Beschäftigten schnell wieder einen neuen Job finden. Waldrich stehe für eine fundierte Ausbildung, sagte Finanzvorstand Uwe Herold und bedauerte, dass „wir vielen der hervorragenden Experten und Spezialisten keinen Arbeitsplatz mehr bieten können.“

Personalleiter Tilmann Meyer berichteten von zahlreichen „fairen, ruhigen und professionellen“ Gesprächen und Verhandlungen, um mit Gewerkschaft und Betriebsrat einen Sozialplan und Interessensausgleich erzielen zu können. Wegen des guten Netzwerkes mit Personalverantwortlichen anderer Unternehmen gebe es bereits konkrete Angebote für neue Arbeitsplätze. Zudem eröffne die Transfergesellschaft betroffenen Mitarbeitern weitere Möglichkeiten.

„Die Entlassungen sind schmerzhaft, aber leider unausweichlich, um die Firma wieder auf gesunde Füße zu stellen“, skizzierte Betriebsratsvorsitzender Hardy Müller die aktuelle Situation. Das Ergebnis der Verhandlungen mit der Geschäftsführung wertete er alles in allem als „guten Kompromiss“.

Stichwort: Transfergesellschaft

– Die Transfergesellschaft ist ein arbeitsmarktpolitisches Instrument und verfolgt den Zweck, konkret von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeitern eines Betriebes im Rahmen einer maximal einjährig befristeten Beschäftigung neue Beschäftigungsverhältnisse zu vermitteln.

– Der Wechsel in eine Transfergesellschaft ist freiwillig. Eine solche Maßnahme wird über ein gesetzlich definiertes Verfahren in enger Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen sowie der Agentur für Arbeit installiert.

– Diese Einigung erfolgt meist über einen Zusatz im Sozialplan oder über einen eigens verabschiedeten Transfersozialplan, der den Arbeitnehmern konkrete Vermittlungs- und Qualifizierungsangebote macht.

– Die finanzielle Basis für die in die Transfergesellschaft eingetretenen Beschäftigten bildet das Transferkurzarbeitergeld. Es wird bei der zuständigen Agentur für Arbeit von der Transfergesellschaft beantragt und ist in etwa so hoch wie das Arbeitslosengeld.

– Der Bezug des Transferkurzarbeitergeldes ist auf maximal zwölf Monate begrenzt und hat keinen Einfluss auf die Dauer eines eventuell anschließenden Bezugs von Arbeitslosengeld I. Die Beschäftigung in einer Transfergesellschaft hat aus diesem Grund sozialversicherungsrechtlich auch eine Verschiebung des Beginns der Arbeitslosigkeit zur Folge.

Quelle: Neue Presse